Telenovela | Novela
Die Telenovela (Spanisch Fernsehroman) hat ihren Ursprung in der Radio Novela, die im lateinamerikanischen Raum das Pendant zur Radio Soap (oder auch Radiodrama) war. Sie weist auf den ersten Blick viele Gemeinsamkeiten mit der Seifenoper auf, unterscheidet sich aber in wichtigen Details von dieser. In Deutschland ist die Telenovela ein Hybrid: eine Mischung aus der klassischen Telenovela und einer Daily Soap.
Charakteristisch für die Telenovela sind die zentrale Hauptfigur und deren Geschichte. In der klassischen Telenovela geht es meist um eine Protagonistin, auch Heldin genannt, die ihre große Liebe sucht und eine Erfolgsgeschichte verfolgt. Die restlichen Figuren sind, auch wenn es nicht immer gleich erkennbar ist, um sie und ihre Geschichte herum gebaut. Hier geht es weniger um das Ensemble als um diese eine Figur. Um ihr Innerstes verstehen zu können, hat sie das Stilmittel des Voice-Overs. In dieser, für den Zuschauer hörbaren, inneren Stimme fasst sie ihre Gefühle zusammen.
Die Telenovela kann auch als eine Art Märchen angesehen werden. Nach dem klassischen Modell wird in Gut und Böse unterschieden. Aschenputtel wird dabei gerne als Vorlage genommen. Das arme Mädchen, das jeden Tag hart arbeiten muss und dem nichts gegönnt wird, muss unter der bösen Stiefmutter und den bösen Stiefschwestern leiden. Sie verliebt sich in einen Prinzen, den sie eigentlich gar nicht erreichen kann. Doch ihr gutes Herz und das Glück bringen sie zu ihrem Happy End.
Erzählt werden die Geschichten in einer sogenannten Zopfdramaturgie aus mindestens zwei Erzählsträngen (auch „Bögen“ oder Storylines genannt), von denen einer immer der Hauptbogen ist. Die Stränge werden abwechselnd erzählt. Nebenstränge werden nach wenigen Folgen geparkt und im Hintergrund weitererzählt, damit eine andere geparkte oder eine neue Geschichte aufgegriffen werden kann. Auf dem Höhepunkt findet die Folge ihr Ende im sogenannten Cliffhanger. Um zu erfahren, wie es weiter geht, muss die nächste Folge angeschaut werden. Doch vor dem Auflöser („Pick-Up“) folgen noch ein Rückblick (Recap) auf die letzte Folge und der Vorspann, der die Hauptfigur und ihre Geschichte ins Zentrum stellt. Nach einer festgelegten Zahl an Kapiteln (meist zwischen 100 und 200 Kapiteln) erlebt die Heldin ihr Happy End. Dies ist ein Versprechen an den Zuschauer, dass am Ende alles gut wird, egal wie verfahren alles im Laufe der Zeit wirkt.
In der Regel wird vor dem Start einer Telenovela nicht kommuniziert, wie viele Kapitel diese Geschichte haben wird. Das liegt daran, weil es zwei verschiedene Modelle der Produktion gibt, die mit der Marktforschung einher gehen. Die eine wurde von Valentín Pimstein geprägt. Während der Produktion der ersten 50 Kapitel und der zeitnahen Ausstrahlung wird die Resonanz der Zuschauer abgewartet. Bei einem großen Erfolg wird die Geschichte in der Mitte gestreckt. Bei einem Misserfolg wird die Geschichte in der Mitte gerafft, damit die schneller zu Ende erzählt werden kann, ohne dass der Zuschauer das Gefühl bekommt, dass am Ende etwas gekürzt wurde. Das zweite System stammt von Ernesto Alonso. Dieser lässt Telenovela komplett schreiben und produzieren und entwickelt dann für die Mitte der Serie weitere Kapitel, sollte sie ein Erfolg sein. Je nachdem, wann die zusätzlichen Kapitel produziert werden, kann es sein, dass diese nicht den Auslandsverkauf gehen. So geschehen bei der Telenovela „Salomé“, die von 150 auf 180 Kapitel verlängert wurde.
In Mexiko arbeiten die Telenovelas mit einem kleinen Trick. Um das hohe Drehpensum schaffen zu können, haben die Schauspieler Kopfhörer im Ohr und bekommen den Text souffliert. So werden Proben und Drehzeit reduziert.
Telenovelas sind hauptsächlich im lateinamerikanischen und auch asiatischen Raum ansässig. Die meisten Novelas werden in Mexiko, Kolumbien und Brasilien produziert und feierten von dort aus einen weltweiten Siegeszug. Viele Länder importierten die Serien in synchronisierter Version, doch auch Formatrechte wie bei „Yo soy Betty, la fea“ (1999 bis 2001) für „Verliebt in Berlin“ (2005 bis 2007) zogen an.
Die erste Telenovela „Sua vida me pertence“ wurde 1950 in Brasilien produziert. Sie hatte 15 Kapitel und lief vom 21. Dezember 1951 bis 2. Februar 1952 zweimal die Woche.
Mexikos erste Telenovela, die an fünf Wochentagen lief, war „Senda prohibida“, die auf 60 Kapitel kam und im Juni und Juli 1958 ausgestrahlt wurde.
Neben der klassischen Telenovela gibt es die Teen Novela und die Narco Novela. Diese beiden Genres weisen Unterschiede zur klassischen Telenovela auf. Sie können in Staffeln erzählt werden. Die Narco Novela folgt einer antagonistischen Figur, die sich in der dunklen Drogen-Welt behaupten muss. Das Ende einer Staffel ist oftmals offen oder sie endet mit dem Tod der zentralen Figur.
„Bianca – Wege zum Glück“ war die erste deutsche Telenovela. Aus anfänglich 200 Kapiteln wurden am Ende 224. Obwohl sie eine direkte Fortsetzung abgeschlossen wurde, können „Julia – Wege zum Glück“ und „Wege zum Glück – Spuren im Sand“ als Ableger angesehen werden, da in beiden Serien Charaktere in der Originalbesetzung aus „Bianca“ zu sehen waren.
Hierzulande wird die Telenovela als einjähriger Hauptbogen in einer Daily verstanden. Das heißt, dass in einem Ensemble ein Jahr lang ein Hauptpaar eingebunden erzählt wird. Dieses bringt Charaktere mit, die ihrer Geschichte dienlich sind. Am Ende des Hauptbogens stehen das Happy End und ein Weggang aus der Serie. So geschah es erstmals 2006 bei „Verliebt in Berlin“, gefolgt von „Julia – Wege zum Glück“, das dadurch zu „Wege zum Glück“ wurde, „Sturm der Liebe“, „Rote Rosen“ und „Alisa – Folge deinem Herzen“ bzw. „Hanna – Folge deinem Herzen“. „Marienhof“, „Verbotene Liebe“ und „Herzflimmern“ übernahmen dieses Prinzip zwischenzeitlich auch. Aus der Soap „Hand aufs Herz“ wurde nach wenigen Monaten eine „Telenovela“.
Beim brasilianischen Sender Rede Globo gibt es drei feste Sendeplätze für die verschiedenen Gattungen der Telenovela:
18:00 Uhr: Kostümdramen, simple romantische Liebesgeschichten
19:00 Uhr: Drama oder Comedy
20:00/21/22 Uhr: Zur besten Sendezeit werden Novelas ausgestrahlt, die sich mit verschiedensten Themen befassen und nicht nur typische Geschichten wie Romantik und Intrigen erzählen. Dazu gehören Drogen, soziale Thematiken, aktuelle Themen