Ursprung der Soap: Die Radio-Soap – Irna Phillipps

Die Soap Opera, so wie wir sie heute verstehen, ist zurückzuführen auf Irna Phillips. 1930 moderierte die ehemalige Lehrerin die Sendung „Thought for a Day“ auf WGN in Chicago. Führungskräfte des Senders waren von ihrem Moderationstalent nicht überzeugt und schlugen vor, sie solle sich am Drehbuchschreiben versuchen und eine Serie ähnlich wie „The Gumps“ und „Sam ’n‘ Henry“ versuchen, die beide sehr erfolgreich gewesen waren.


 

Im Herbst 1930 ging Phillips‘ erste, anfänglich noch ungesponsorte, Seifenoper auf Sendung: „Painted Dreams“. Bereits hier lässt sich das Fundament erkennen, auf welchem sie alle ihrer noch kommenden Soaps bauen sollte: Eine Familie als Herzstück der Serie, mit all ihren Belastungen und Problemen, die das tägliche Leben zu bieten hat. Der wichtigste Charakter der Soap war Mutter Moynihan, das Oberhaupt der Familie, die eine Privatpension betrieb. Die Drehbücher hoben besonders den heimischen Bereich und persönliche Beziehungen hervor. Mutter Moynihans größte Sorge war die Zukunft ihrer Tochter Irene, die sich als moderne junge Frau verstand, die eine eigene Karriere haben wollte und nicht nur als Hausfrau enden wollte.

Durch den Erfolg in Chicago überzeugt, wollte Phillips ihre Soap auf nationaler Ebene auf Sendung bringen und sie an einen der größten amerikanischen Sender verkaufen. Sie verklagte den Sender WGN, der behauptete, das Copyright an Painted Dreams zu besitzen, verlor aber. Sie kündigte daraufhin bei WGN und wechselte als unabhängige Produzentin zum Konkurrenzsender WMAQ, einem Tochtersender der NBC in Chicago und kreierte „Today’s Children“, welches ab dem 11. September 1933 auf nationaler Ebene ausgestrahlt wurde. „Today’s Children“ war Painted Dreams in leicht abgewandelter Form: Mutter Moynihan wurde zu Mutter Moran, die ihren drei erwachsenen Kindern mit Rat und Tat zur Seite stand. Als Phillips‘ Mutter, die als Inspiration für die jeweiligen Mütter gedient hatte, verstarb, beendete Phillips auch die Serie: am 31. Dezember 1937 lief die letzte Folge.

1937 kreierte Phillips ihre erfolgreichste Soap „The Guiding Light“, die bis zu ihrer Einstellung im Jahr 2009 fast 72 Jahre auf Sendung war, 19 davon im Radio und ab 1952 im Fernsehen. Anfangs waren der nicht konfessionsgebundene Seelsorger Dr. John Ruthledge und die Bewohner des Schauplatzes Five Points Dreh- und Angelpunkt der Serie. Phillips setzte hier komplett die Essenz der Seifenoper um: komplex aufgebaute Handlungen in Form von Haupt- und Nebengeschichten, welche niemals ein Ende finden.

Sehr schnell wurde ihr von der Presse der Titel „Queen of the Soap Opera“ verliehen. Sie war unabhängige Produzentin ihrer Serien. Diese vertrieb sie paketweise an ihre Sponsoren, hauptsächlich Procter & Gamble, welche die meisten Serien sponsorten. Sie arbeitete an mehren Soaps gleichzeitig und schrieb bzw. diktierte gut 2 Millionen Wörter pro Jahr. Als fünf Serien sie zu sehr strapazierten, stellte Phillips weitere Autoren ein, die für die Dialoge zuständig waren, nachdem sie die Geschichte skizziert hatte. Sie blieb jedoch Hauptquelle für narrative Kunstgriffe, darunter einer, der zu einem der wichtigsten Kunstgriffe überhaupt werden sollte: die Amnesie-Storyline.

Drei ihrer Serien liefen 1945 hintereinander unter dem Deckmantel „The General Mills Hour“. Dieser erzählerische Rahmen ließ es zu, dass Charaktere der einen Serie in der anderen auftauchen konnten.

Ursprung der Soap: Die Radio-Soap – Frank & Anne Hummert