Dezember
Im Herbst 2006 entstanden für den „Verbotene Liebe Fanclub“ Interviews mit den verschiedenen Departments hinter der Kamera. So auch mit dem damaligen Chefautor Andreas – hier gibt es Teil 2 des Interviews. |
Wie viele Leute arbeiten an den Büchern?
Es gibt 2 Unterabteilungen. Die eine Abteilung entwickelt die Geschichten und Rollen. Das sind die so genannten Storyliner. Diese gehören fest zum Team. Diese Abteilung besteht etwa aus sieben bis acht Autoren.
Und dann gibt es noch die zweite Abteilung, die die Geschichten zu Szenen schreiben. Allerdings schreiben sie nicht die Drehbücher wie sie die Darsteller bekommen, sondern schreiben zu jeder Szenen was darin passieren soll – die Outlines! Diese Abteilung ist selten in den Studios, denn diese Mitarbeiter arbeiten von zuhause aus.
Auch die Dialogautoren arbeiten von zuhause aus. Etwa 10 Autoren sind zuständig, dass die Drehbücher gesprochen werden können. Pro Drehbuch ein Autor. Zwei Autoren sind in den Studios um die Szenen zu ändern.
Dann gibt es noch zwei Controller die nochmal die fertigen Drehbücher kontrollieren ob die Übergänge stimmen und auch nur das drinsteht was auch besprochen war. Und der Chefautor leitet das gesamte zwanzigköpfige Team.
Wie lange vor dem Dreh steht das Drehbuch?
Die Storyliner haben beim Entwickeln einen Vorsprung von 3 Monaten. Diese Ideen müssen zur ARD zur Abnahme. Dann kommt es nochmal zurück zu den Storylindern. Etwa 6 Wochen später ist das Dialogbuch dazu fertig. Dann bekommen die Regisseure die Bücher und fangen an sich vorzubereiten. 3 Wochen lang haben sie Zeit und dann dauert es nochmal etwa 3 Wochen bis der Dreh anfängt.
Gibt es Tabuthemen in einer Daily Soap?
Generell gesehen kann man fast alle Themen verwenden. Es kommt natürlich darauf an ob die Geschichte in die Handlung passt und ob man dazu viel erzählen kann. Alle Soaps sind thematisch gesehen unterschiedlich aufgebaut. Was bei „Verbotene Liebe“ passt, muss also nicht unbedingt auch bei „Unter Uns“ oder einer Telenovela passen. „Also generell gesehen ist alles irgendwo möglich, aber man muss schauen ob es im Zuge des Soap-Romans passt oder nicht.“
Wie weit im Voraus plant ihr?
Manche Geschichten sind so weit geplant dass sie bis ins nächste Jahr reichen. Die Autoren wissen selber nicht was an welchem Tag letztlich läuft, aber manche Geschichten oder Rollen lassen sich so weit planen. Beim Lahnstein-Komplex gehen die Handlungen sogar 2 Jahre weit. Das liegt daran, dass die Lahnsteins aus vielen unterschiedlichen Rollen bestehen, die sich alle in eine andere Richtung bewegen. Diese Entwicklungen haben natürlich Auswirkungen auf den Rest der Familie und deshalb müssen da grobe Handlungen schon lange im Voraus geplant werden. Deshalb wird auch schon lange überlegt ob neue Rollen benötigt werden um die Geschichte weiterhin in Fahrt zu behalten.
Wie wichtig sind Quoten?
Die Produktion schaut gelegentlich auf die Quoten wenn sie auffällig hoch oder tief sind. Dann überlegt man ob es an einer Geschichte liegen könnte. Aber das sind dann nur Spekulationen. Deshalb wird in regelmäßigen Abständen eine statistische Marktanalyse angefertigt. Dabei werden spezielle Fragen gestellt, die Aufschluss geben über die Beliebtheit mancher Geschichten und Rollen.
Gibt eine Lieblingsgeschichte?
„Ja da gibt es schon Geschichten die man lieber schreibt als andere. Es kann auch sein, dass einem kleinere Phasen gefallen aus einer Story. Momentan gefallen mir ‚Paul & Anne‘ sehr gut.“ Das liegt daran, dass es eine Geschichte ist die der Zuschauer kennt. Man verliebt sich in eine Person die unnahbar ist, eine verbotene Liebe also. Und weil diese Geschichte in der Realität nicht ausgeführt wird ist das eine „Versuchung“.
Andreas fügt allerdings auch hinzu, dass man als Autor alle Geschichten schreiben können muss, auch wenn man die Geschichte nicht mag. Der Zuschauer darf nicht merken was der Autor nicht mag. Es müssen pro Woche 100 Szenen erarbeitet werden.
Gab es schon oft Herausforderungen?
Das passiert oft, wenn ein Darsteller krank wird, oder die Bücher geändert werden müssen und keine Zeit mehr ist bis zur Ausstrahlung. Dadurch, dass die Autoren so viele Wochen Vorlauf haben ist es oft möglich noch schnell was zu ändern, aber wenn eine Geschichte bereits gesendet wird, wird es schwer einen Darstellerausfall für längere Zeit einzubauen.
Eine weitere Herausforderung sind die Intrigen. Sie müssen so weit verständlich sein, dass der Zuschauer sie nachvollziehen kann und trotzdem müssen sie so aufgebaut sein, dass der Zuschauer nicht gleich merkt dass manche Schritte bereits zu einer Intrige dazugehören. Manchmal kann es aber auch vorkommen, dass die Autoren vor der Schwierigkeit stehen, ihre eigene Intrige aufzulösen.
Die Reaktionen der Rolle auf Situationen sind auch eine Arbeit. Denn die Frage ist: Akzeptiert die Rolle ihr Schicksal oder versucht die Rolle etwas zu verändern. Ist die Rolle positiv eingestellt auf die Gesamtsituation oder eher negativ. Genauso müssen die Autoren wissen wer alles mitmischt und wer die Situation verändern würde.
Woher bekommt ihr eure Ideen für die Storys?
Die Charakterbilder geben oft schon die Geschichten vor. Es kann aber auch vorkommen, dass eine Alltagssituation zu neuen Ideen für neue Rollen oder kurzen Handlungen führen kann. „Du kannst eine Geschichte mit einem Lied vergleichen. Die Idee kommt recht schnell.“ Wie die Geschichte dann erzählt wird ist die Arbeit der Autoren.
Kommen auch schon mal Vorschläge von Zuschauern?
Es kommt durchaus vor, dass Zuschauer Ideen beisteuern wollen, aber das passt oftmals nicht zu den Entwicklungen wie sie die Autoren für manche Rollen vorgesehen haben. Das Ganze ist sehr komplex.
Bekommt ihr viel Kritik von den Zuschauern?
Direkte Kritik erreicht die Autoren nicht. Manchmal werden E-Mails vom Pressebüro oder anderen Abteilungen weitergeleitet oder manchmal kommt aus mal ein Brief bei den Autoren an. Da die Planungen schon viel weiter sind als die Ausstrahlungen im Fernsehen, lassen sich die Autoren auch von der Kritik nicht abbringen, da der Zuschauer nicht wissen kann wie es letztlich weitergeht. Es benötigt viel, bis eine Geschichte verändert wird.
Haben die Darsteller ein mitspracherecht bei Geschichten?
Nein, haben sie nicht, aber sie werden rechtzeitig über Veränderungen informiert. Es geht nicht, dass sich die Darsteller z.B. gegen eine Beziehung oder Handlungen aussprechen, weil sonst würde man wegen jeder Kleinigkeit Sachen verändern und die Autoren würden aus den Änderungen nicht mehr raus kommen.
Bei manchen Punkten können die Schauspieler mitsprechen wie z.B. bei Freizeitaktivitäten einer Rolle. Wenn die Rolle schwimmen geht und es im Fernsehen zu sehen sein soll aber der Darsteller Nichtschwimmer ist, dann kann das klar geändert werden. Aber sonst liegt die Entscheidung über Geschichten beim Storydepartment. Und diese Entscheidungen werden im Team getroffen mit den Producern zusammen.